Menstruation am Arbeitsplatz
Von Karolina de Vries (Urmond)
Ein schwieriges und sehr komplexes Thema, die Menstruation…oder vielleicht ist es auch wieder zu einfach gedacht, vielleicht sollte ich besser sagen – je nach Kontext.
Im geschützen Rahmen eines Frauenkreises, unter gleichgesinnten Frauen, ist es ein Thema, das mehr als willkommen ist. Es gibt genug Zeit und den richtigen heiligen Raum für das Mysterium des Menstruationsblutes, wir sind offen, wir sind neugiergig und möchten mehr erfahren, mehr erspüren, mehr erleben und unsere weibliche Urkraft wiederentdecken, die uns in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft über die Jahre abhanden gekommen ist.
Dann kommt aber der Alltag…und der ist nicht unbedingt mit dem Mysterium kompatibel, das das Leben in seinem tiefsten Kern wirklich ist. So oft bleiben wir nur an der Oberfläche, hängen uns an der ewig langen To-Do-Liste auf, denken bis zum Feierabend und bis zum Wocheneinkauf, so wie wir das in unserem Kulturkreis gewohnt sind. Pragmatisch, praktisch, effizient. Das macht auch vor der Menstruation nicht Halt – alles soll „sauber und hygienisch“ sein, wenn man der Werbung glauben schenkt, sollten wir auch weiße Hosen tragen und mit einem strahlenden Lächeln die Nächte bis zum Morgengrauen durchtanzen. schlussendlich – es soll nichts zu bemerken sein. Weder im Inneren noch im Außen – wir sollten verdrängen, dass wir zyklische Wesen sind, und dem linearen Lauf des Alltags folgen.
Nur es funktioniert nicht. Egal wie sehr wir uns das wünschen und wie oft wir es versuchen werden, wir können nicht vom Körper abgekoppelt glücklich und erfüllt werden.
Der Körper, das Er-fühlen, das Er-spüren und Er-leben sind der Schlüssel zum Verstehen und Verändern. Die Biologie folgt der Energie, und umgekehrt – denn die Psychosomatik folgt dem Wechselwirkungsprinzip, die Psyche beeinflusst den Körper und der Körper beeinflusst die Psyche. Wir machen alle unsere Erfahrungen durch den Körper, wir fühlen alles im Körper, es geht ja gar nicht anders. Der Körper ist unser heiliges Gefäß. Wenn man sich das ganz bewusst macht und es tatsächlich im Körper fühlt, eröffnen sich ganz neue, ganz weibliche und ganz magische Welten.
Und darum geht es für mich im Endeffekt bei dem Thema Menstruation – wie bringe ich diese weibliche Mystik, die uns leider kollektiv abhanden gekommen ist, in mein Alltagsleben? Wie verkörpere ich das, woran ich glaube, was ich tief in mir drinnen weiß und was mir wichtig ist? Und wie kann ich das, wie ich als Frau bin – zyklisch – in meinen Alltag integrieren und daraus Kraft schöpfen, anstatt es im besten Fall zu ignorieren und im schlimmsten Fall dagegen anzukämpfen?
Ich taste mich mit jedem Zyklus an das Thema und an meinen weiblichen Energiekern näher heran.
Erstens – ich bleibe achtsam mit mir selbst, immer wieder. Ich beobachte mich, meine Gefühlslage, meinen Körper, meine Bedürfnisse. Ich beobachte, was mir gut tut und was nicht, wie sich meine Grenzen mit den Zyklusphasen entwickeln – und versuche das, was ist, wahrzunehmen, anzunehmen und ernstzunehmen. Ich spüre immer wieder in meinen Schoßraum hinein, atme tief in die Gebärmutter und warte darauf, was für Antworten und Erkenntnisse kommen, wenn ich den Alltagstrubel für einen Moment an mir vorbeiziehen lasse. Und das geht immer, in jeder Situation und egal wo ich gerade bin – ob ich im Auto sitze, auf die Bahn warte, in einer Schlange an der Kasse stehe oder in der Praxis bin: wir haben immer eine Minute Zeit, um durchzuatmen und die Aufmerksamkeit von der Außenwelt zu lösen und zurück zum Körper zu holen, selbst wenn nur für einen ganz kurzen Augenblick. Und wenn wir den Körper würdigen und ihm aufmerksam zuhören, dann teilt er mit uns so viel Weisheit – wir müssen ihm nur den Raum dafür geben.
Je mehr ich meine Menstruation liebevoll annehme und würdige, desto mehr kommt meine Energie (nomen omen!) in Fluss. Ich klammere nicht mehr an unrealistischen Vorstellungen, immer gleich leistungsfähig zu sein und immer gleich viel körperliche Kraft zu haben, sondern gehe direkt davon aus – da ich diese Erfahrungen für mich persönlich machen konnte, dadurch dass ich meinen Körper lang und aufmerksam genug beobachtet habe – dass es (Zyklus-)phasen gibt, in denen ich viel weniger im Außen leben möchte, und versuche dementsprechend auch meinen Alltag zu gestalten.
Was bedeutet das ganz praktisch? Ich ziehe mir morgens die Kleider an, in denen ich mich am wohlsten fühle – die weichesten Stoffe und die gemütlichsten Schnitte, nichts Enges und nichts Einschränkendes, am besten etwas, was sich wie eine Umarmung anfühlt, wie eine Wolldecke zum Anziehen. Für mich persönlich sind das Kleider, lange Strickjacken, große Schals, in die ich mich einkuscheln kann und Kaschmir. Schwarz. Ganz offensichtlich keine engen, weißen Hosen und unbequemen High Heels, egal wie sehr mir die Werbung einreden möchte, dass das zum erfüllten Frausein dazu gehört.
Ich mache es mir besonders schön auf der Arbeit. Ich kümmere mich darum, dass ich immer das um mich herum habe, was ich gerade brauche – sanftes Licht, schönen Duft, eine Tasse Lieblingstee. Ich versuche nur ganz wenig Termine und wenig Sitzungen einzuplanen. Ich lasse den Anspruch los, in dieser Zeit effektiv und produktiv zu sein, in einem sehr strukturierten, linearen Verständnis – das heißt, Yang-lastige Aufgaben wie Buchhaltung oder formeller Papierkram werden in dieser Zeit eher Yang-„lästig“, und deswegen plane ich sie für einen anderen Zeitraum ein, zum Beispiel für den inneren Frühling direkt nach der Menstruation. In den seltendsten Fällen kann etwas nicht zwei Tage warten – aber wenn es tatsächlich nicht warten kann, dann atme ich tief durch, sage zu meinem Schoßraum: „Tut mir leid, es ist nicht so optimal aber es ist jetzt halt so, wir müssen es akzeptieren“ und mache es einfach. Mit einer Akzeptanz und trotzdem nah an meinen Bedürfnissen, auch wenn sie nicht sofort umsetzbar sind.
Wenn mein Körper Ruhe will (und das tut er meistens zu Menstruationszeit), dann bekommt er Ruhe. Ich lasse bewusst los, so wie der Körper auch loslässt. Ich gehe nicht zum Sport, manchmal, aber nur wenn mir wirklich danach ist, mache ich Yin Yoga, eine unglaublich sanfte und „leise“ Yogaart (und wie das oft bei den sanften und leisen Sachen so ist, gleichzeitig eine unglaublich kraftvolle!) – und wenn ich schon angefangen habe und trotzdem merke, dass ich es gerade doch gar nicht möchte, dann höre ich einfach auf. Ich plane nichts „im Außen“, keine Verabredungen, keine Veranstaltungen, keine großen Menschenmengen, weil ich mittlerweile weiß, dass mir das in dieser Zeit energetisch zu viel ist. Aber wenn es nicht anders geht, weil sich die Außenwelt natürlich nicht an meinem Zyklus orientiert, dann akzeptiere ich das auch und sage zu meinem Schoßraum: „Ich höre Dich und ich höre genau, was Du brauchst. Jetzt geht es nicht anders, aber ich bin für Dich da, versprochen.“ – und es wirkt Wunder.
Ich höre in dieser Zeit ganz genau zu, was meine Intuition zu sagen hat, und dafür brauche ich einfach nur Raum. Und wenn ich Raum brauche, dann halte ich mir den Raum frei, auch Zuhause – ich beschäftige mich nicht mit neuen Projekten oder Ideen, überlege nicht, wie ich etwas umsetzen soll, ich leiste nicht. Ich lasse alles ruhen. Ich lasse los. Wenn mir danach ist, dann schreibe ich Tagebuch, wenn schwierige Gefühle raus möchten, dann dürfen sie das und kriegen genug Raum…Ich lese, wenn ich möchte, oder liege einfach nur ziellos stundenlang rum ohne schlechtes Gewissen. Ich meditiere und lasse den Gedanken freien Lauf. Ich gebe der alten, weisen Frau, der Hexe und der dunklen Mutter in mir ganz viel Liebe – und ich profitiere so stark davon, auch im Beruf, da es ein sehr großer Teil meiner Arbeit als Psychologin und Psychotherapeutin ist, mich mit den „Schatten“ zu befassen. Wenn ich tiefer in die mütterliche Dunkelheit der Menstruation eintauche, gehe ich auch ganz anders mit der Dunkelheit im Beruf um. Liebevoller. Empfänglicher. Offener. Ich umarme die Dunkelheit – und das heißt für mich, dem in unserem Kulturkreis weit verbreiteten Impuls, die schwierigen Themen und Gefühle zu vermeiden und zu verdrängen, nicht nachzugeben. Und es ist tatsächlich erst diese Gefühlsvermeidung, die uns so wirklich Ärger und Kummer bereitet.
Schlussendlich ist für mich die Menstruation am Arbeitsplatz nichts anderes als Menstruation im Alltag: bewusste Selbstliebe, die sehr eng mit tiefer und ehrlicher Selbsterkenntnis verknüpft ist – präsent zu sein dafür, was da ist, zu erkennen, was ich gerade brauche und die Mystik des Frau-Seins bewusst wahrzunehmen
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Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Karolina de Vries von Zum kostenlosen eBook >>
und im Rahmen meiner Blogparade “Menstruation am Arbeitsplatz” entstanden. Das Copyright liegt allein bei ihr. Aus allen Beiträgen von verschiedensten Bloggern ist ein wunderbares eBook entstanden. Interesse?Karolina de Vries von Urmond
Karolina de Vries ist Psychologin, Psychologische Psychotherapeutin, Reiki Meisterin, Theta Healing Practitioner und Yin Yoga Trainerin. Ihr großes Herzensprojekt ist die Wiederentdeckung der weiblichen Spiritualität und die Stärkung einer bewussten Verbindung zur weiblichen Energie. Sie leitet Frauenkreise und Seminare, wo sich Frauen durch achtsame, holistische Körper- und Energiearbeit mit ihrer weiblichen Urkraft in allen Aspekten verbinden können. Sie hat auch einen Podcast zum Thema weibliche Spiritualität und erwachte Weiblichkeit. Ihr findet ihn unter „Urmond. Erwecke Deine weibliche Magie“.
https://www.facebook.com/KarolinaUrmond
www.instagram.com/karolinadevries
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