Sind wir mal ehrlich, während der Menstruation zur Arbeit zu gehen, macht einfach keinen Spaß. Im Gegenteil, es ist richtig scheiße! Manche Frauen schaffen es wegen ihrer Menstruation gar nicht zur Arbeit.

Sich „normal“ mit den Kollegen zu unterhalten, während ich in meiner Gebärmutter Krämpfe habe, die – laut wissenschaftlichen Studien so schlimm sein können, wie ein Herzinfarkt – ist eine enorme Leistung.

Mich dann noch zu konzentrieren, obwohl mich mir vor allem an den ersten Tagen mit sehr starker Blutung Sorgen um Flecken an meiner Kleidung mache, mein Blutdruck im Keller ist, ich mich müde und schlapp fühle, meine Verdauung total durcheinander ist und weiterhin alle paar Minuten höllische Schmerzen durch meinen Unterleib ziehen, teilweise unmöglich.

Und dann darf ich dabei weiterhin freundlich sein, lächeln, Small Talk halten, Professionell und attraktiv wirken und Bauch einziehen – na vielen Dank auch!

Im heutigen Teil dieser Artikelserie schauen wir uns an, was die Politik und dein Arbeitgeber damit zu tun haben.

„In Südkorea dürfen Frauen aufgrund ihrer Menstruation frei machen – und bekommen mehr Gehalt, wenn sie es nicht tun.“

In einigen Ländern ist es Frauen durch die Gesetzgebung erlaubt, aufgrund ihrer Menstruation von der Arbeit fern zu bleiben. In Japan gibt es seit über 70 Jahren per Gesetzt die Möglichkeit für Frauen, während ihrer Periode nicht zu Arbeit zu gehen. Allerdings ist nicht festgelegt, ob der Arbeitgeber die Frauen für die freien Tage bezahlen muss oder die Frauen stattdessen mehr Bezahlung bekommen, wenn sie trotzdem arbeiten gehen. Auch in Südkorea dürfen Frauen aufgrund ihrer Menstruation frei machen. Sie bekommen mehr Gehalt, wenn sie es nicht tun.

In Europa hat sich noch kein Land dazu in den Gesetzestexten geäußert. Zwar wurde in 2013 im Italienischen Parlament und 2017 in Russland über solche Gesetzesvorlagen diskutiert, aber beschlossen wurde nichts. Vielleicht wird es durch Gesundheit 2020, dem WHO Rahmenkonzept für eine Gesundheitspolitik in der Europäischen Region, in den nächsten Jahren noch einmal interessanter.

Menstruation in der Unternehmenspolitik

Inzwischen haben einige Firmen das Thema aufgegriffen. Nike führte z.B. schon 2007 mit einer weltweiten Unternehmenspolitik ein, dass Frauen bezahlten Menstruationsurlaub nehmen dürfen und verlangt von seinen Geschäftspartnern, dass sie eine entsprechende Absichtserklärung unterschreiben.

Andere Firmen geben ihren Mitarbeitern unbeschränkten Urlaub und ermöglichen dadurch ihren menstruierenden Mitarbeitern, sich eine Auszeit zu nehmen. Dazu zählen viele Unternehmen im Silicon Valley, aber auch Netflix UK, LinkedIn und Eventbrite. Die Philosophie dahinter beruht auf dem Vertrauen in die Mitarbeiter: Jeder Mitarbeiter ist eigenverantwortlich für seine Aufgaben und Projekte und kann deswegen auch selbst entscheiden, wie viel Urlaub möglich und sinnvoll ist.

Die Folgen von Menstruationsurlaub

Viele denken bei Menstruationsurlaub vor allem an 12 Tage im Jahr, in denen eine weibliche Arbeitskraft ausfällt und errechnen über wirtschaftliche Modelle, was das den Unternehmen kosten würde. Doch ist das so einfach? Eine Frau, die trotz Unwohlsein arbeiten geht, ist deutlich unproduktiver. Das merken auch ihre Kollegen. Wenn man ihr dann noch ihr Leiden ansieht, kann das die Moral im Team deutlich senken. Denn Schmerzen und Unproduktivität ist genauso ansteckend wie Glück und Motivation.

„Es geht nicht darum, einfach nur frei zu haben, sondern flexibler und effektiver zu Arbeiten.“

Ein Mensch, der sich seine Arbeitszeit dagegen freier einteilen und seine Arbeitsumgebung seinem Befinden anpassen kann, ist oft deutlich motivierter und fühlt sich insgesamt wohler – er arbeitet dadurch effektiver und ist besser an das Unternehmen gebunden. Eine Frau fällt durch Menstruationsurlaub also nicht aus, sondern nutzt flexible Arbeitszeiten für eine gute Work-Life-Balance. Und wird an den anderen Tagen motivierter und effektiver arbeiten und dem Unternehmen langfristig deutlich mehr Mehrwert bieten.

Und dann sind da noch die gesundheitlichen Risiken. Sowohl bei Nachtschichten als auch bei Jetlag sind kurzfristige Nebenwirkungen gesellschaftlich anerkannt und das Risiko von langfristige Gesundheitsschäden wissenschaftlich bestätigt. Was das mit Arbeit während der Menstruation zu tun hat, fragst du dich? Alles drei sind Beispiele, wann wir gegen unseren inneren natürlichen Rhythmus arbeiten. Genauso wie der Wach-Schlaf-Rhythmus beinhaltet auch der weibliche Zyklus die Gegenpole von Aktivität und Ruhe. Nicht umsonst sind die Symptome von Übermüdung und Jetlag mit denen von PMS nahezu übereinstimmend. Eine Frau, die kontinuierlich gegen ihren inneren Rhythmus arbeitet, birgt ein höheres Risiko durch Krankheiten wie z.B. Burnout längerfristig für das Unternehmen auszufallen, als eine Frau, die mit ihrem Zyklus kooperieren kann.

Der moralische Aspekt

Ist die Möglichkeit von Menstruationsurlaub eine Bevorteilung von Frauen oder eine Diskriminierung? Sagt so eine Politik nicht automatisch auch, dass Frauen das schwächere Geschlecht sind? Wird dadurch der weibliche Zyklus mit Krankheit gleichgestellt? Ist Menstruationsurlaub wirklich nötig, schließlich leiden nicht alle Frauen unter ihrer Periode? Und wird es nicht auch Frauen geben, die diese Möglichkeit schamlos ausnutzen, um weniger arbeiten zu gehen? Wie wird der Gender Pay Gap (geschlechtsspezifischer Einkommensunterschied) dadurch beeinflussen?

Sind wir mal ehrlich: Hier gibt es keine einheitlich richtige Antwort. Egal, wie sich ein Land oder ein Unternehmen entscheidet, es wird immer mindestens einen Menschen geben, der dagegen ist und sich benachteiligt fühlt.

„Wenn jemand Schmerzen hat, sollte er nach Hause gehen – egal aus welchem Grund.“

Der Begriff Menstruations-„Urlaub“ allein führt schon zu einigen Kontroversen. Schließlich geht es nicht darum, dass Frauen mehr Freizeit genießen wollen. Vielmehr brauchen einige zu ihrer Periode eine Auszeit, weil die komplexen Prozesse in ihrem Körper sie körperlich und mental extrem fordern. Und Tatsache ist, dass Schmerzen nun mal Schmerzen sind, egal wodurch sie entstehen.

Alternativen zu Menstruationsurlaub

Statt freier Tage sind auch andere menstruationsfreundliche Rahmenbedingungen denkbar. Eine Teeküche, in der sich Frauen auch eine Wärmflasche machen können, sollte selbstverständlich sein, genauso wie regelmäßige Pausenzeiten, damit frau ihre Hygieneprodukte wechseln kann. Ein entsprechend ausgestattetes WC mit Mülleimer, Waschbecken und einer Grundausstattung an Hygieneartikeln für den Notfall lässt jede Frau entspannter sein.

„Geteiltes Leid ist halbes Leid gilt auch bei der Menstruation“

Wirklich schön wäre das Angebot von Home-Office, weil wir uns dort während unserer Tage einfach wohler fühlen, als in einem Großraumbüro. Am wichtigsten ist jedoch eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur, in der jeder über sein Befinden sprechen darf. Statt den weiblichen Zyklus als Tabu zu behandeln oder gar noch Period Shaming zuzulassen, ist vielen Frauen schon damit geholfen, wenn sie offen über ihr Leid reden können. Denn: „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ gilt auch bei Menstruationsbeschwerden.

Die Art der Implementierung ist entscheidend

Obwohl die asiatischen Länder Vorreiter  in periodenfreundlicher Politik zu sein scheinen, sieht die Realität oft anders aus: Viele Frauen nehmen die Möglichkeit eines freien Tages nicht wahr, weil sie auf die zusätzliche Bezahlung angewiesen sind bzw. sich den Gehaltsausfall nicht leisten können. Anderen ist es zu peinlich, zu erklären, dass sie ihre Periode haben. Oder sie befürchten, Männern gegenüber benachteiligt zu werden, weil Menstruationsurlaub so interpretiert werden könnte, dass ihnen ihr Privatleben wichtiger sei, als die Arbeit.

“Mitarbeiter brauchen die Gewissheit, dass die Veränderung ein Gewinn für alle ist – ob weiblich, männlich oder divers.”

Unternehmen müssen sich bewusst sein, dass alles von der Art und Weise abhängt, wie sie ihre Leitlinien implementieren. Statt Vorurteilen Raum zu geben, sollte von Anfang an auf Aufklärung und Verständnis füreinander wert gelegt werden. Den Mitarbeitern muss klar werden, dass die neue Richtlinie ein flexibleres und respektvolleres Arbeitsumfeld schaffen und dadurch alle Mitarbeiter – ob weiblich, männlich oder divers – davon profitieren.

Fazit

Solange der weibliche Zyklus und v.a. die Menstruation ein Tabu-Thema ist, wird auch eine geänderte Gesetzeslage oder eine neue Unternehmensrichtline nicht viel für uns Frauen ändern. Vielmehr würden dadurch die Diskussionen zwischen Feministen und Konservativen noch mehr geschürt. Der erste Schritt muss deswegen sein, die Unterschiede zwischen Mann und Frau klar zu machen und wertzuschätzen – ohne in den Kategorien „stark“ und „schwach“ zu denken. Als nächstes geht es darum, die Arbeitsbedingungen diesen Unterschieden entsprechend zu gestalten und spätestens hier kommt ein Unternehmen um eine menstruationsfreundliche Arbeitsplatzgestaltung nicht mehr drum herum. Oft machen Kleinigkeiten ohne hohe Investitionen schon große Unterschiede und lassen uns Frauen deutlich entspannter mit Periode zur Arbeit gehen. Und umso lockerer wir sind, umso weniger Menstruationsbeschwerden spüren wir.

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